Die Woche #68 – Der Pfefferminzia Podcast für Versicherungshelden
Im Gespräch Mit Assekurata-Analyst Lars Heermann Wenn Versicherungsgesellschaften in den sogenannten Run-off gehen, stellen sie das Neugeschäft ein und wickeln ihre bestehenden Verträge entweder intern ab oder überlassen dies externen Spezialisten, den sogenannten Run-off-Plattformen. Doch was hat der Kunde eigentlich davon, wenn sein Vertrag plötzlich an ganz anderer Stelle verwaltet wird? War’s das dann mit der einst so stattlichen Rendite und wird der Service künftig auf ein Mindestmaß heruntergedampft? Was an diesen Vorurteilen dran ist, die auch in Maklerkreisen florieren, wollten wir von dem Run-off-Experten Lars Heermann erfahren. Der Bereichsleiter Analyse und Bewertung bei der Ratingagentur Assekurata spricht jetzt mit uns über die Ergebnisse seiner kürzlich erschienen Studie „Run-off in der Lebensversicherung 2021“.
**Die News der Woche ** „Die Ampel steht“, verkündete ein sichtlich stolzer Olaf Scholz am Mittwochnachmittag in Berlin. Der SPD-Politiker, der wohl schon bald der nächste Kanzler Deutschlands sein wird, versprach bei der Präsentation des Koalitionsvertrags, dass das neue Ampel-Bündnis „mehr Fortschritt wagen“ wolle – und schloss damit an die berühmten Worte des früheren SPD-Kanzlers Willy Brandt „Wir wollen mehr Demokratie wagen“ an.
Und auch FDP-Chef Christian Lindner gab sich staatsmännisch als er feierlich erklärte: „Ein Bundesfinanzminister dient dem Land.“ Lindners Berufung zum obersten Kassenwart der Republik dürfte aber auch speziell Versicherungsvermittlern dienen – zumindest deuten darauf erste Reaktion aus der Branche hin, aus denen pure Erleichterung durchzuklingen scheint. Aber dazu kommen wir noch.
Tatsächlich zeigt sich die Handschrift des FDP-Chefs vor allem daran, welche Ideen nicht in den 177-seitenstarken Koalitionsvertrag aufgenommen wurden: Forderungen von Grünen-Vertretern, wie ein generelles Provisionsverbot oder eine Erweiterung der Bafin-Aufsicht auf 34f-Vermittler, tauchen im Vertrag jedenfalls nicht auf. Auch findet sich kein Wort zu einem möglichen Provisionsdeckel. Und wer zum Beispiel die Schlagworte „Honorarberatung“, „Provisionen“ oder „Vermittler“ in die Suchfunktion eingibt, erhält im Dokument keinerlei Treffer.
Insofern überrascht es nicht, wenn Vermittlerverbände den vorliegenden Vertrag nun in den höchsten Tönen loben: „Wir freuen uns über die Einsicht der Koalitionäre, die großen Themen im Land anzugehen und sich nicht mit ideologisch getriebenen Zielen wie einem Provisionsverbot oder einer Bafin-Vermittleraufsicht zu beschäftigen“, kommentierte Frank Rottenbacher, Vorstand des Bundesverbands Finanzdienstleistung AfW.
Martin Klein, geschäftsführender Vorstand des Vermittlerverbandes Votum, freute sich ebenfalls, dass sich Maximalforderungen wie ein generelles Provisionsverbot, die Bafin-Aufsicht für 34f-Vermittler „und anderer Unsinn“, wie er sagte, nicht durchsetzen konnten. „Der von vielen Seiten geforderte Pragmatismus hat gefruchtet“, lobte Klein. Die Herausforderungen der kommenden Legislatur – insbesondere im Bereich der Reform der Altersvorsorge – sollten nun „ohne ideologische Scheuklappen angegangen werden“, forderte der Votum-Vorstand.
Michael Heinz, Präsident des Bundesverbands Deutscher Versicherungskaufleute (BVK), hob unter anderem positiv hervor, „dass die Einführung einer Bürgerversicherung, wie sie in den Wahlprogrammen von SPD und Grünen anvisiert wurde, keine Berücksichtigung gefunden hat.“ Dem von der FDP durchgesetzten Einstieg in eine Aktienrente sieht Heinz hingegen nicht allzu euphorisch entgegen: Man sehe es sehr kritisch, „die mangelnde Finanzierung der gesetzlichen Rente mit 10 Milliarden Euro auszustatten, die über einen Staatsfonds am Kapitalmarkt angelegt werden sollen“. Das werde „nur ein Tropfen auf den heißen Stein sein und keine lebensstandardsichernde Rente für Millionen ermöglichen.“
Und natürlich darf hier auch eine Reaktion aus dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft nicht fehlen: „Der Koalitionsvertrag hebt zurecht die Bedeutung der betrieblichen und privaten Altersvorsorge für ein gutes Leben im Alter hervor“, lobte GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen. „Auch wir unterstützen die Stärkung der betrieblichen Altersversorgung. Ansatzpunkte sind hier aus unserer Sicht beispielsweise die Flexibilisierung des Garantieniveaus und die Dynamisierung der Geringverdienerförderung.“
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Jingle Im September haben wir hier im Podcast die umstrittenen Aussagen von R+V-Chef Norbert Rollinger thematisiert. Er halte es für denkbar, dass die Versicherungsbranche unterschiedliche Tarife für Geimpfte und Ungeimpfte einführt, sagte Rollinger. „Wann das der Fall sein wird, hängt von der Frage ab, wie lange sich die schweigende Mehrheit der Geimpften von den hartnäckigen Impfverweigerern noch auf der Nase herumtanzen lässt“, so ein sichtlich verärgerter R+V-Chef.
Auf die Frage, ob Krankenkassen Leistungen für Ungeimpfte kürzen sollten, entgegnete Rollinger zwar, dass dies „ein sehr schwieriges Thema“ sei. Gleichwohl wolle er „einmal deutlich“ sagen, dass Impfverweigerer ein „sozial schädliches Verhalten“ zeigten, sofern es im Einzelfall nicht gute medizinische Gründe gegen eine Impfung gebe. Nun, die Reaktionen auf Rollingers Äußerungen waren, wie so typisch in der Impf-Debatte, gespalten – und wurden auch unter unseren Lesern in den sozialen Medien kontrovers diskutiert.
Kräftig angeheizt wird die Debatte über den Umgang mit Ungeimpften in der medizinischen Versorgung nun von der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin. Diese hatte sich am Dienstag für eine Kostenbeteiligung Ungeimpfter an Krankenhausleistungen ausgesprochen, wenn sie mit einer Coronainfektion in eine Klinik eingeliefert werden. Die Kostenbeteiligung könne entweder über eine Eigenbeteiligung oder über einen Aufschlag auf den Kassenbeitrag erfolgen, schlug der KV-Vorstand vor. „Die Einnahmen könnten dann den Pflegekräften im stationären Bereich und den Medizinischen Fachangestellten in der ambulanten Versorgung zugutekommen“, hieß es weiter.
Der KV-Vorstand begründete seine Forderungen mit deutlichen Worten: „Der hohe Anteil der Menschen, die noch nicht geimpft sind, werden uns sonst in eine Katastrophe führen und unser Gesundheitssystem in einem Maße überlasten, wie wir es bisher nicht kennengelernt haben. Mit einer Impfpflicht allein kommen wir hier nicht mehr weiter.“
Auf unserer Facebook-Seite bekunden viele Nutzer ihre Sympathien für diesen, nun ja, mutigen Vorschlag. Doch zugleich hagelt es auch Kritik: „Wer diesen Schwachsinn fordert, hat offenbar einen sehr schweren Impfschaden erlitten…“, lautet eine Stimme. „Und was ist mit Rauchern?“, fragt ein anderer. Ein weiterer Nutzer ergänzt: „…und mit den Trinkern und den Motorradfahrern… einfach allen, die ungesund gefährlich „leben“?“. Und einer wagt die These: „Bald wird in den Anträgen der Versicherungen der Impfstatus abgefragt.“
Jingle Na, was ist denn da los? Die Verbraucherschutzorganisation Bund der Versicherten, kurz BdV, hat den Onlineversicherer Lemonade wegen der „Verwendung unzulässiger Versicherungsbedingungen“ abgemahnt. Konkret geht es um die Hausratversicherung, die Privathaftpflichtversicherung und die Kombination aus beiden Versicherungsprodukten, die das Insurtech hierzulande anbietet. Dabei verwende Lemonade in der Police „Klauseln, die absolut branchenunüblich sind“ und die Kundinnen und Kunden in unangemessener Weise benachteiligten, heißt es vom BdV.
Die Verbraucherschützer liefern dazu auch einige Beispiele: So müssten Versicherte nach einem Umzug ihre Police kündigen und einen neuen Vertrag für die neue Adresse abschließen. Wer eine Lemonade Kombipolice aus Hausrat- und Privathaftpflichtversicherung abgeschlossen habe, bei dem ende einen Monat nach Umzug ansonsten auch der Privathaftpflichtschutz. Die Regelung in den Versicherungsbedingungen, dass ohne jegliches Aussprechen einer Kündigung der Versicherungsschutz enden könne, ist nach Auffassung des BdV „absolut ungewöhnlich und somit unangemessen benachteiligend“. Insbesondere der Schutz der Privathaftpflicht dürfe nur durch eine „ausdrückliche und verständliche Kündigung“ enden, heißt es weiter von den Verbraucherschützern.
Noch ein Beispiel: Vom Hausratversicherungsschutz der Police bei Lemonade seien Gegenstände ausgenommen, die sich im Haushalt der Versicherten befänden, aber im Eigentum einer anderen Person stünden. Nach Auffassung des BdV gehört es aber zum Wesensmerkmal einer Hausratversicherung, dass es auf die Eigentumsverhältnisse gerade nicht ankommt. Maßgeblich sollte es nach Ansicht des BdV nur sein, dass die Sachen der privaten Nutzung der Kunden dienen. Man gehe davon aus, dass sich Lemonade der eigenen Auffassung anschließe und die Versicherungsbedingungen entsprechend nachbessere, gibt BdV-Vorstand Stephen Rehmke dann noch zu Protokoll.
Und was meint das so gescholtene Insurtech zu der Sache? „Die Argumentation des BdV ist in diesem Maße nicht zutreffend“, so die Kurzfassung der Stellungnahme, die Pfefferminzia bei Lemonade eingeholt hat. Im Detail widerspricht das Insurtech den vorgebrachten Kritikpunkten des BdV. Nach einem Umzug ende der Versicherungsschutz des Kombi-Pakets aus Hausrat und Haftpflicht nicht nach einem Monat, sondern läuft – wenn nicht bewusst vom Kunden gekündigt – automatisch auf unbestimmte Zeit weiter, heißt es von Lemonade. Die Formulierung in der Police, die der BdV bemängelt, beziehe sich ausschließlich auf den Hausratsschutz, der „in der Tat einen Monat nach dem Umzug endet“.
Zum Thema „Gegenstände anderer“ in der Hausrat bringt Lemonade vor, dass nur Sachen, die sich Kunden geliehen hätten und die ihnen nicht gehörten – wie etwa ein Fahrrad, das man sich temporär von einer Freundin geliehen hat und in der eigenen Wohnung aufbewahrt – nicht unter den Hausratschutz fielen. „Unsere Herangehensweise ist jedoch nicht branchenunüblich“, betont der Onlineversicherer. Und weiter: „Wir möchten noch hinzufügen, dass der Ausschluss ganz klar in unserer Police dargelegt ist.“ Bei der Privathaftpflicht seien Schäden an Dingen, die dem Vermieter gehörten und die der Kunde mitmiete unter der Kategorie „Mietsachschäden” abgedeckt.
Abschließend führt das Insurtech aus: „Eines unserer Hauptziele ist äußerste Transparenz gegenüber unseren Kunden. Dementsprechend haben wir auch unsere Versicherungsbedingungen der Police 2.0 so einfach und verständlich wie möglich gehalten. In diesem Punkt vertreten wir, soweit von unserer Seite aus bewusst, ähnliche Ansichten wie der BdV.“ Na, dann schauen wir mal, wie die Sache weitergeht.
Jingle Wird die Qualität der Finanzberatung besser, wenn die Beratung und das Angebot von Finanzdienstleistungen voneinander getrennt werden? Dieser Frage widmet sich eine neue Studie des Deutschen Instituts für Vermögensbildung und Alterssicherung – kurz Diva. Das eindeutige Ergebnis: Die Form der Vergütung – Honorar oder Vermittlungsprovision – hat keinen erkennbaren Einfluss auf die Zufriedenheit der Kunden.
Unabhängig von dem Modell ist demnach eine große Mehrheit der Deutschen zufrieden oder sehr zufrieden, die Werte liegen zwischen 52 und 70 Prozent, mit der Qualität der Beratung. Für die beiden Studien-Autoren, die Professoren Michael Heuser von der Fachhochschule der Wirtschaft in Marburg, und Matthias Beenken von der Fachhochschule Dortmund, steht daher fest: „Die immer wieder anzutreffende Behauptung, die Provisionsberatung übervorteile den Verbraucher, wird von letzteren so nicht gesehen und empfunden.“
Ein weiteres Ergebnis der Studie: Kunden von (freien) Vermögens- und Finanzberatern weisen jeweils die beste Ausstattung mit Versicherungen, Fonds und Aktien auf. Am schlechtesten versorgt seien dagegen alle, die auf jegliche Beratung verzichteten. Unausgewogen seien die Portfolios auch bei den Kunden, die sich nur von einzelnen Produktanbietern oder von Verbraucherschutzeinrichtungen beraten ließen.
Heuser und Beenken zufolge ist die Provisionsberatung auch sozial ausgewogener als die Honorarberatung. Denn Beispiele aus dem europäischen Ausland belegten, dass weniger vermögende Kunden auch weniger Honorarberatung in Anspruch nähmen und in der Folge schlechter mit vermögensbildenden und Altersvorsorgeprodukten ausgestattet seien. „Das kann im Rentenalter dazu führen, dass staatliche Sozialleistungen in Anspruch genommen werden müssen“, so die Studien-Autoren. „Kunden wollen frei zwischen Provisions- und Honorarberatung wählen können, und diesen Wunsch sollte die Politik auch als Maßstab heranziehen“, so das Fazit der Studie.
Das Schwerpunktthema Im November: Makler im Wandel Die meisten Menschen kommunizieren in ihrem Geschäftsalltag über Emails. Versicherungsmakler Sven Nebenführ tut das nicht. Und das hat auch seine Gründe, wie er uns im gleich folgenden Interview verrät. Dabei geht er auch darauf ein, wie er Kunden diesbezüglich abholt, warum die Digitalisierung quasi die beste Sekretärin ist und inwiefern digitale Prozesse den Unternehmenswert steigern. Aber hören Sie doch einfach selbst.
Und das war es schon mit Folge 68 unseres Podcasts. Haben Sie Feedback? Dann schreiben Sie uns dieses gerne unter redaktion@pfefferminzia.de.
Ansonsten hören wir uns am kommenden Freitag wieder. Bis dahin gilt wie immer: Bleiben Sie gesund, genießen Sie das Wochenende und kommen Sie gut in die neue Woche.
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