Die Woche #119 – Der Pfefferminzia Podcast für Versicherungshelden
Moin aus Hamburg und herzlich Willkommen zu Folge 119 unseres Podcasts. Heute ist Freitag, der 20. Januar 2023.
Und diese Themen haben wir heute für Sie: • Wir sprachen mit Professor Matthias Beenken von der Fachhochschule Dortmund darüber, warum auch Versicherungen nachhaltig sein können und was Vermittler davon haben. • In den News der Woche gibt es ein neues BGH-Urteil zum Thema Betriebsschließungsversicherung, ein Bafin-Merkblatt wird von Vermittlerverbänden zerrissen, bei der Aktienrente klemmt es noch und wir werfen einen Blick auf die Wechselaktivität am KFZ-Versicherungsmarkt. • Und für unser Schwerpunktthema für den Monat Januar, „Rückblick/Aublick“, sprachen wir mit Dirk Schmidt-Gallas und Bastian Walter von der Unternehmensberatung Simon-Kucher & Partners über die Folgen der Inflation für die Versicherungswirtschaft, ob der „Käuferstreik bei Lebensversicherungen“ bereits da ist und warum ein Provisionsverbot eine ganz schlechte Idee ist.
Im Gespräch Mit Vertriebsexperte Matthias Beenken Na, das ist doch was: 82 Prozent der Deutschen können mit dem Begriff Nachhaltigkeit etwas anfangen – allerdings nur sehr selten in Verbindung mit Versicherungen und Finanzen. Kein Wunder: Bislang haben nur 7 Prozent der Bundesbürger Werbung und 6 Prozent Informationen zur Nachhaltigkeit von ihrer Versicherungen wahrgenommen. Das hat eine brandneue repräsentative Umfrage der Fachhochschule Dortmund ergeben, an der auch Matthias Beenken als Autor beteiligt war. Beenken lehrt am Fachbereich Wirtschaft der FH Dortmund und ist in der Versicherungsbranche wegen seine fachlicher Expertise hoch angesehen. Im Gespräch mit unserem Kollegen Lorenz Klein erklärt der Wissenschaftler, warum die Versicherungswirtschaft unbedingt mehr über ihren Beitrag zur Nachhaltigkeit sprechen sollte und warum das auch Vermittler tun sollten – selbst wenn sie sich von dem Thema verfolgt und genervt fühlen.
**Die News der Woche ** Zum zweiten Mal hat der Bundesgerichtshof, kurz BGH, geurteilt, ob eine Betriebsschließungsversicherung bei den Lockdowns greift, die während der Corona-Pandemie verordnet wurden. Im aktuellen Fall hatte ein Hotelier aus Niedersachsen seinen Betrieb während zwei Lockdowns im März und November 2020 teilweise schließen müssen. Dafür verlangte der Hotelbesitzer eine Entschädigung aus seiner Betriebsschließungsversicherung. Der Versicherer wollte aber nicht zahlen.
Die Richter des Bundesgerichtshofs haben nun entschieden, dass der Versicherer für den zweiten Lockdown zahlen muss, für den ersten aber nicht. Warum? Nun, die Bedingungen der Betriebsschließungsversicherung in diesem Fall listeten keine speziellen Krankheiten und Erreger auf, sondern verwiesen auf das Infektionsschutzgesetz. Dabei stellte der Versicherer aber nicht klar, welche Fassung des Gesetzes gemeint ist.
Folglich könne der Versicherungsnehmer davon ausgehen, dass der Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles für die Leistung maßgeblich ist, so die Richter. Und weil das Corona-Virus im Falle des ersten Lockdowns noch nicht im Infektionsschutzgesetz gelistet war, beim zweiten aber schon, muss der Versicherer für den zweiten Lockdown leisten.
Jingle Die Finanzaufsicht Bafin will Lebensversicherer stärker ins Visier nehmen, die – O-Ton – ,„durch hohe Aufwendungen für Versicherungsvermittler und insbesondere Zahlung hoher Abschlussprovisionen auffallen“. Das geht aus einem Merkblatt-Entwurf hervor, den die Bafin im November 2022 vorlegte. Nun endete die Konsulationsfrist zu dem Papier – und mehrere Vermittlerverbände nutzten die Chance, um ihrer Wut Luft zu machen.
Anders als die europäische Finanzaufsicht Eiopa, reduziere die Bafin die Messung des Kundennutzens von Lebensversicherungen auf eine Messgröße, nämlich die Rendite. „Das greift nicht nur zu kurz, sondern ist angesichts des ursprünglichen Zwecks von Lebensversicherungen sogar schädlich für die Verbraucher“, schimpft Martin Klein, geschäftsführender Vorstand des Branchenverbands Votum.
Tatsächlich sei der vorliegende Entwurf eine Mogelpackung, so Klein weiter. Unter dem Vorwand, den Versicherern Anleitungen für ihre Produktentwicklung zu geben, würden nur Vorgaben und Eingriffe in die Gestaltung der Vertriebsvergütung formuliert. Wenn die Bafin dies tun wolle, solle sie das Kind auch beim Namen nennen. Klein schreibt in seiner Stellungnahme weiter: „In diesem Fall muss sich die Bafin aber auch bewusst sein, dass man sich damit erneut gegen die Position der Bundesregierung wendet, die zu Beginn der Legislaturperiode deutlich gemacht hat, dass sie allgemeine Eingriffe in die Vertriebsvergütung ablehnt.“
Auch der Bundesverband Finanzdienstleistung AfW hat nur wenige warme Worte für das Bafin-Merkblatt übrig. Der vorliegende Entwurf sei problematisch. Denn es würden „erhebliche Vorgaben für die Struktur der Vermittlervergütung gemacht, welche über bereits bestehende gesetzliche Regelungen hinausgehen“, heißt es in einer Stellungnahme des Verbands. Der Bafin obliege grundsätzlich nicht die Aufsicht für die unabhängigen Versicherungsvermittler. Nichtsdestotrotz erfolge ein Eingriff in deren Vergütungsstrukturen, quasi durch die Hintertür, kritisiert der Verband die Aufsichtsbehörde.
Der Entwurf betrachte auch nur drei Faktoren – Renditeerwartung, Kosten, Inflation –, die sich auf den Kundennutzen des jeweiligen Produktes auswirkten, so der AfW weiter. „Der Nutzen der betroffenen Produkte, welche auch biometrische Absicherungen wie etwa einen Todesfallschutz beinhalten, werde im Rahmen des Merkblatts explizit nicht betrachtet. „Ein Hinterbliebenenschutz im Tarif wird entsprechend nur einseitig als renditemindernd bewertet. Mit diesem Ansatz werden sinnvolle biometrische Absicherungen in Tarifen verdrängt. Das ist nicht im Sinne der Kunden und übersieht, dass ein Versicherungsprodukt oft mehr ist als ein reines Sparprodukt“, so die Kritik des AfW.
Man könnte jetzt noch mehr ins Detail der vielen Kritikpunkte der Verbände an dem Bafin-Merkblatt gehen. Machen wir aber nicht, weil das den Rahmen hier sprengen würde. Alles in allem bleibt nur zu hoffen, dass sich die Bafin und das Bundesfinanzministerium sorgfältig alle Kritikpunkte anschauen – und auch zu Herzen nehmen.
Jingle Es war einmal … eine FDP im Wahlkampf. Und da hatte sie eine Idee. Sie wollte gleich dem schwedischen Vorbild erreichen, dass die Menschen einen Anteil ihres Einkommens in Aktienfonds anlegen. Aktienrente nannte sie das. Die Menschen sollten endlich auch mal die Kraft der Wirtschaft nutzen können, um ihre Rente aufzubessern. Dabei sollten sie selbst entscheiden können, welche Fonds sie kaufen. Es musste also gar nicht mal ein staatlicher Aktienfonds sein.
Heute ist von diesem Plan nicht mehr viel übrig. Denn Bundesfinanzminister Christian Lindner verlor auf einer großen Rentenkonferenz darüber kaum noch ein Wort. Stattdessen ging es um das Generationenkapital. 10 Milliarden Euro will Lindner aus dem Staatshaushalt in einen Kapitalstock stecken, den eine Stiftung am Kapitalmarkt unterbringt. Später sollen die Renditen daraus die staatliche Rente stützen. Und Lindner will mehr und mehr Geld zuschießen. Denn die ersten 10 Milliarden Euro sollten nur ein erster Schritt sein.
Und da liegt schon das nächste Problem, nämlich ein rot-grünes. Denn so sehr die FDP das Projekt verfolgt, so sehr zeigen sich die notorischen Aktienablehner von SPD und Grünen reserviert. So zitiert die „Süddeutsche Zeitung“ den rentenpolitischen Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion Markus Kurth mit den Worten: „Zehn Milliarden jedes Jahr sind so nicht vereinbart.“ Es sei fraglich, ob dies „bei den großen Risiken, die sich absehbar am Kapitalmarkt auftürmen, sinnvoll ist“, so Kurth, der die Aktienrente schon immer kritisch sah. Bleibt natürlich die Frage, welche aufgetürmten Risiken er da angeblich sieht … und was von den Rentenplänen der FDP übrigbleibt.
Jingle Die steigenden Preise bei Autos, Reparaturen und damit auch bei den Prämien für KFZ-Versicherungen versetzen die Autofahrer in Bewegung. Zumindest berichtet das das Analysehaus Sirius Campus im Rahmen seiner Marktuntersuchung „Wechselaktivität bei KFZ-Versicherungen im Jahresendgeschäft 2022“. Unter Wechselaktivität verstehen die Studienautoren, wenn jemand ernsthaft darüber nachdenkt, die KFZ-Versicherung zu wechseln. Und diese Wechselaktivität stieg von 18 Prozent im Jahr 2021 auf 29 Prozent im vergangenen Jahr Ende November. Somit hat mehr als jeder vierte Mensch in Deutschland seine KFZ-Versicherung zumindest mal hinterfragt.
Und wie viele haben es getan und tatsächlich gewechselt? Das waren 1,8 Millionen und somit eine halbe Million mehr als im Vorjahr. Unter den Versicherern gibt es wiederum fünf Gewinner, die zusammen fast die Hälfte aller Neuverträge abgriffen: Allianz, Axa, Huk-24, Huk-Coburg und LVM. Wir sagen: Herzlichen Glückwunsch.
Das Schwerpunktthema Im Januar: Rückblick/Ausblick Die Inflation in Deutschland erweist sich als gehöriger Dämpfer für Lebensversicherungen – und könnte zugleich die Zahlungsbereitschaft der Kunden bei Sachversicherungen nach oben treiben. Zu diesem gemischten Fazit kommt eine aktuelle Studie der Unternehmensberatung Simon-Kucher & Partners. Was genau dahinter steckt und warum es eine schlechte Idee sei, wenn Brüssel ein Provisionsverbot einführen will, bespricht unser Kollege Lorenz Klein mit zwei Versicherungsexperten von Simon-Kucher, Dirk Schmidt-Gallas und Bastian Walter.
Und das war es mit dieser Podcast-Folge. Verpassen Sie keine weitere und abonnieren Sie „Die Woche“ überall dort, wo es Podcasts gibt.
Dann hören wir uns auch garantiert am kommenden Freitag wieder. Bis dahin gilt: Bleiben Sie optimistisch, genießen Sie das Wochenende und kommen Sie gut in die neue Woche.
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